räumen wir den schuppenleeren wir die bardie party ist geschichteund alles nicht mehr wahr

Keine Drinks bei Lori

das wägbare ist das ausweglosedie ausnahme der zustanddie dinge das maßnur was ist die botschaft

Leben frisst rohes Fleisch

Neue Musik von Franz Morak
auf CD, LP & Digital.

Im Handel und auf hoanzl.at
Ab sofort bei spotify und amazon unter
Morak und Leben frisst rohes Fleisch

Präsentation des neuen Albums und der Box "morak / alles"

am 23.10.2018
in der Wiener Albertina Passage

„Es rockt, es rollt, es fließt, es swingt – die musikalische Ausmalung verzichtet dabei auf jegliches gefälliges Dekor und schmuckvolle Verzierung, bleibt stets hart am Text und dienlich auf dem Punkt und sorgt eher mit grundständigen bluesigen und balladesk gestalteten Farbtupfern (und hin und wieder auch mit Hilfe eines Kinderchores) für zusätzliche Aufmerksamkeit.“

Ulli Engelbrecht über das neue Album.

Zum Blogbeitrag

morak / alles

Alle Musik / Alle Texte / einfach Alles in der gelben Box.
Ein Gesamtkunstwerk in fünf CDs und einer DVD. Im Handel und auf hoanzl.at

Franz Morak über alles

Über das Gute und das Böse

Wir haben zwar den Teufel und Gott abgeschafft, aber das, was sie repräsentiert haben, ist nach wie vor unter uns. Das Böse und das Gute. Und meine Texte erzählen vom Guten und vom Bösen und vom Menschen in diesem ewigen Spannungsfeld. Vom Spießrutenlauf durch diese Felder der Gegensätze, und wie wir in diesem Feldern überleben.
Davon erzählen alle meine Lieder.

Über das Leben

Man steigt in einen Personenzug, der langsam, aber stetig seine Geschwindigkeit erhöht und letztlich sitzt man in einem ICE, der scheinbar nicht mehr hält. Und draußen wird die beschauliche Landschaft zu einem Fanal der vorbeirasenden Bilder, die einem den Atem nehmen. Manchmal ahnt man, was draußen vorbeirast, versucht es zu fassen, zu beschreiben. Und irgendwann meint man, es wäre das eigene Leben.

Über die Welt

Am 19. Juli 2013 schickte die Raumsonde Cassini 33 Aufnahmen zu Erde. Sie zeigen die von der Sonne angestrahlten Ringe des Saturn. Die Entfernung vom Planeten betrug 1,2 Millionen Kilometer und 1,5 Milliarden Kilometer von der Erde. Diese war durch einen Pfeil gekennzeichnet als winziger, blauer Lichtpunkt. Ein unauffindbares, blassblaues Nichts inmitten von Myriaden von Sonnen, Planeten, Sternhaufen, Galaxien, Supernoven und planetarischen Nebeln.

Man müsste die Zeit anhalten auf diesem Sturz durch die Nacht.
Ein Fisch, denke ich, müsste man sein. Lichttief im Sternmeer!

und sollte einmal alles aus seinund ich bin müde alt und krankbleibt mir doch ihr applaus im ohrund ihre kohle auf der bank

Von den Haien Reihe 1
und der Sau im Stall

Karl Kraus verdanken wir die Einsicht, Österreich sei „eine Versuchsstation des Weltuntergangs“. Der beste Teil der österreichischen Popmusik steht in dieser apokalyptisch-ironischen Tradition. Der britische Pop feierte Erfolge mit Texten wie „I wanna hold your hand“ von „The Beatles“ (1964) und „I can’t get no satisfaction“ von den Rolling Stones (1965), also mit trivialen Beschreibungen eigener Befindlichkeiten bzw. pubertärer Sorgen. Typisch für eine Jugendkultur der Massen. Der bessere Teil des Austro Pop hat nicht von eigenen Zuständen, sondern von den Zuständen der Welt gesungen, z.B. über Diskriminierung „Der Hofa war‘s“ Wolfgang Ambros (1972). Von kritischen Kommentaren zu  zeitgenössischen Fehlentwicklungen (Die Schmetterlinge), bis zu subversiven Provokationen (Falco: Ganz Wien träumt von Kokain) reicht das glorreiche Spektrum des Austro Pop, besonders desjenigen, der nicht in der Mitte florierte, sondern eher an den Rändern phosphorisierte.

Einer der wichtigsten Figuren dieses Cutting Edge des Austro Pop ist Franz Morak. Er hat den apokalyptischen Großstadtrock beinahe messianisch zelebriert. Die Technik des Austro Pop at its best war, anspruchsvolle Textexperimente mit populärer Musik zu verbinden. Daraus entstand Risiko-Rock. Ein Maestro dieses Risiko-Rocks ist Franz Morak. Seine besondere Methode besteht darin, Sprichworte und Redewendungen, in denen sich Jahrhunderte von Ideologien und falschem Bewusstsein abgelagert haben, als Ausgangspunkt für seine Texte zu nehmen und mit Techniken der Verschiebung (Metonymie) und der Verdichtung (Metapher) diese sinngemäß in ihr Gegenteil zu verklären. Aus der Behauptung „alles ist klar“ zieht er den Schluss „klar ist der Abgrund, der klafft“. Wer auf Sicht fährt, fährt mit dem Kopf im Sand. Wenn es kommt, wie’s kommt, dann kommt nichts.

Morak verdreht, verfremdet und ironisiert mit Anspielungen und Allusionen den täglichen Sprachgebrauch. Morak lässt alte Metaphern neu klingen. Es handelt sich bei seinen Songtexten um eine postmoderne Literatur. Strukturell vergleichbar den Quentin Tarantino Filmen. Der Film noir ist der Bogen, auf dem sein „metropolitan Rock“ gedeiht. Fürsten der Finsternis herrschen in Städten des Verbrechens. Das Vokabular der Börse, von Mortgage bis Pennystocks, wird zu den Blumenwiesen des Bösen. Die Equitities und Securities der Finanzwelt werden zu Bergwerken des Zweifels. Das Maß der Dinge ist der Dax. In diesen Welten wird das Leben zu einer Bleikur der Ohnmacht.

Oratorium, Moratorium, Morak bilden die Glieder des catenaccio (Fussballtrainer H. Herrera) des Rock-Expressionismus im Widerstand gegen planetarische Katastrophen. Nur Paroxysmen wie „schwarze Schwäne“ können ein Oratorium des Auswegs und ein Moratorium des Ausnahmezustands bilden. Der Takt von Franz Moraks Schreibe, der Satzbau und Grammatik zersetzt, ist parataktisch. Als Österreicher kennt er kein ausschließendes Oder, sondern Vernichtung und Rettung herrschen zugleich. Mit seinen Ambivalenzen und Antagonismen, mit seinen Paradoxien und Paroxysmen trifft er den Code der Zeit. Homo homini lupus (der Mensch ist der Wolf des Menschen) – mit dieser Formel beschrieb der Philosoph Thomas Hobbes eine menschenfeindliche Gesellschaft, die auf Herrschaft durch Angst gebaut ist. Morak antwortet kaltschnäuzig:
Kein Mitleid mit den Wölfen.

Peter Weibel